Fazit
 

Island zu bereisen ist wie die USA zu bereisen, nur näher.

Damit könnte ich eigentlich mein Fazit zu unserer Reise "eine Familie zeigt die kalte Schulter" schon wieder beenden, wären da nicht doch ein paar feine, aber gravierende Unterschiede und ein paar Merkblätter, die hier noch zusammengefasst werden sollten.

Ich versuche mal, die Dinge chronologisch und inhaltlich so zu gliedern, dass ein Island-Rookie wie wir (einer waren) das auch brauchen kann. Das ergibt zwangsläufig etwas mehr Text, aber da sollten so ziemlich alle Erfahrungen enthalten sein, die neu für uns waren.

Planung

Für die Planung braucht es kein Reisebüro, wenn man sich mit Flugbuchungen, Booking.com etc. und dem Internet im Allgemeinen auskennt. Anfragen bei rhomberg.at und islandspezialisten.de waren vom Preis her völlig inakzeptabel (ca. 3.000 Euro pro Person ohne Verpflegung für 15/17 Tage samt Flug und mittlerem 4WD-Auto). Mit eigener Planung und einiger Zeit, die dafür draufgegangen ist, habe ich uns 8 Unterkünfte rausgesucht und die Grundkosten um 35% günstiger bei weitaus besserer Lage und Ausstattung gekriegt. Somit sind wir "all inclusive" zu den selben Konditionen gereist, die die Veranstalter für weniger Tage ohne Verpflegung und Sprit etc. veranschlagt haben.

Hilfreich fand ich Reiseberichte anderer und die Vorschläge, die ich in diversen Reiseveranstalter-Seiten gelesen habe. Nicht hilfreich (weder bei der Planung noch bei der Reise selbst) fanden wir den Reiseführer von Baedecker. Der Island-Reiseführer vom Müller-Verlag sei der Hit, aber zu spät ist eben zu spät.

Als Maximaldistanz für Fahrtage habe ich 400km angesetzt und das hat sich bewährt. Auch die Länge mit 18 Tagen samt An- und Abreise war in Ordnung.

Da ich alle Unterkünfte vorgebucht habe, war die Reiseroute und auch die Richtung (im- oder gegen den Uhrzeigersinn, bei uns also "im") festgelegt. War eher intuitiv und würden wir wieder so machen, da viele Highlights am Ende (Auf dem Wecker also bei 04:00-06:00 Uhr) liegen. Begonnen habe ich wie immer mit dem Flug und da war eine Buchung im Januar direkt auf der Seite von Icelandair.com optimal. Kurzfristig kosteten die selben Flüge das doppelte. Wer nicht sinnlose Zeit vergäuden will: Es gibt auch eine Seite von Island-Air, die hat ihren Sitz aber auf Hawaii und mit Inseln und nicht mit Eis zu tun!

FeWo-Direkt.de ist eine super Seite, um Ferienhäuschen zu buchen. Aber: In der Regel haben diese Unterkünfte eine Mindestaufenthaltsdauer von 3 Nächten, weshalb ich die ganze anderen Nächte über booking.com gebucht habe und nur jeweils ein Häuschen am Anfang und am Ende mit FeWo-Direkt. Das braucht ein wenig Englischkenntnisse, denn deutsch spricht kaum ein Vermieter und die Abwicklung erfolgt direkt mit dem Vermieter selbst, nicht nur über eine Webseite. Zudem müssen die Häuser im Voraus bezahlt werden (was aber sogar bei booking in einem Fall in Eldhraun so war).

Ich packe meinen Koffer

Wer nach Island reist, braucht warme Kleidung. Wer nach Island reist, schwitzt nicht. Wer nach Island reist, braucht deshalb auch nicht 10 Garnituren, 2-4 reichen. Unterwäsche und Socken mal ausgenommen. Bergschuhe brauchten wir auch nicht, leichte Wanderschuhe waren für 90% aller Fälle völlig ausreichend, die restlichen 10% gingen die zur Not auch so (dann wären die Bergschuhe eh im Zimmer und nicht "am Mann" gewesen). Eine Regenjacke ist auch nicht schlecht, Schirme hatten wir mit, aber nie dabei gehabt, wenn sie gebraucht wurden. Können also auch Zuhause bleiben.

Als Fotoausrüstung hatte ich eine 6D von Canon (Vollformat) und das Reiseobjektiv 28-300 von Tamron mit an Bord. Das Weitwinkel 17-40 brauchte ich sehr selten für Innenaufnahmen oder mal für eine Panoramaaufnahme, hätte eher auch zuhause bleiben können. Ein Stativ braucht m.E. nur, wer Wasserfälle seidenweich ablichten oder Nordlichter fotografieren will oder an Parkinson leidet.

Eine Drohne zum Filmen und Fotografieren hatte ich mit, sie ist aber beim Transport im Koffer beschädigt worden und kam nur zu einem (misslungenen) Testflug zum Einsatz.

Steckdosen sind wie bei uns, die üblichen Ladekabel gehen alle.

Geld

Isländische Kronen auf der heimischen Bank zu kriegen, ist ggf. schwierig, da meist nicht lagernd. Zudem ist das auch unnötig. Bankomaten gibt es an jeder Ecke (auch am Flughafen). Bargeld an sich braucht es aber nirgends. Es wird 100% mit Kreditkarte bezahlt (Schwarzgeld und die "Bezahlung" für´s Reifenflicken ausgenommen). Wichtig ist, den Code der Kreditkarte zu kennen, denn sonst schaut es mit Tanken Essig aus (es gibt nur Automaten, dort geht die Maestro bzw. Bankomatkarte oft nicht). An Gebühren haben wir insgesamt €92 an Visa bezahlt, eigentlich frech!

Anreise

Wir hatten die super Idee, ein zusätzliches Gepäckstück für die Bergschuhe und diverses mitzunehmen. Nie mehr! Das war nicht nur auf der Hin- sondern besonders bei der Rückreise extrem umständlich und hinderlich. Nicht machen! Finger weg! Vergiss! Lass das! usw.

Dass der Flug statt der üblichen 11-13 Stunden in die USA nur 3,5 Stunden dauert, ist ein Segen! In Island ist man schneller als mit dem Auto in Jesolo. Zwei Stunden MINUS ist der Zeitunterschied, also kein Jetlag zu erwarten.

Iceland-Air hat eine moderne Flotte mit In-Seat-Entertainment und sogar WiFi. Dass die Filme nur auf isländisch und englisch erhältlich sind, ist für die kurze Strecke kein Problem. Auf dem Flug nach Denver letztes Jahr war das aber anstrengend. Essen gibt es nur käuflich zu erwerben und ist mittelmäßig, ebenso wie der Service. Dafür sind die Flüge günstig.

Der Flughafen in Keflavik ist relativ klein und die Wege eher kurz. Wir hatten das Glück, dass die Hitzewelle 2015 gerade am Abflugtag eine Pause machte und wir nicht in Shorts und Hawaii-Hemd am Flughafen ankamen. Da hatte es satte 12 Grad und es nieselte.

Auto

Ein Allradfahrzeug, das auch F-Straßen ("forbidden roads", wie mir lustigerweise am Schalter des Vermieters erklärt wurde) befahren darf, ist zwar nicht Pflicht für Island, aber erweitert die Reisemöglichkeiten enorm. Der schönste Teil Islands (find ich) liegt mitten drin!

Aber die Preise sind hier echt gesalzen.

Nachdem die Saison nur von Juni bis Anfang September geht, kostet ein Fahrzeug bei Hertz, Avis und Konsorten einfach mal das 3-4-fache des "normalen" Preises. Natürlich kriegt man auch einen Fiat Punto für drei Wochen um €800, aber ein Pajero kostet gleich mal €4.500 und drüber. Witzig fand ich den Preis eines Defenders (hab selber einen), der für sagenhafte €5.400 angeboten wird. In 7 Wochen hätte ich meinen (gebrauchten) so bezahlt gehabt! Immerhin kriegt man dafür Ballonreifen an einem Fahrzeug, das sich mit 122PS gerade mal so vom Fleck bewegen kann.

Nach langem Suchen hab ich bei www.iceland4x4carrental.com einen Jeep Grand Cherokee für €2.040 aufgetrieben. Die Bewertungen dieses Unternehmens gingen im Netz von -5***** bis +5*****, was die Sache eher spannend gemacht hat.

Die Übernahme des Fahrzeugs war wie berichtet nicht so wie gedacht, am Ende hatten wir einen Lagerschaden rechts hinten, einen Platten mittendrin und das mit nix ausgestattete Fahrzeug (ok, Klima, Fensterheber, Automatik, 250PS, CD ohne MP3) hat im Schnitt 16,4 Liter gesoffen.

Würden wir aber wieder nehmen. Immerhin kraxelte der höhergelegte und mit All-Terrain Reifen von BF Goodrich ausgestattete Jeep mit uns einige spannende Passagen und wegen der vielen Macken, die eh schon da waren, musste die "Karre" nicht geschont werden.

Essen

Teuer. Aber exquisit! Es gibt immer frischen Fisch und jede Menge Lamm. Die Isländische Küche ist der unsrigen ähnlich, sehr schmackhaft und die Suppen sind sensationell. Es gibt viel frisches Gemüse, frischen Salat und leckeres Fleisch / leckeren Fisch. Ein Restaurantbesuch mit einem Hauptgericht und einem Bierchen kostete uns im Schnitt €35 pro Person.

Einkaufen

Im Supermarkt (Bónus, Netto oder Kronan waren unsere Favoriten) gibt es alles, was das Herz begehrt, außer Alkohol. Supermärkte sind jeden Tag der Woche offen, man muss also bei Ankunft z.B. am Samstag nicht vorplanen. Es werden nur Biere mit maximal 2,25% Alkohol verkauft, kein Wein, keine Schnäpse. Gemüse und Salat stammen meist aus heimischen Gewächshäusern, die mit Erdwärme auf Temperatur gehalten werden. Selbst Bananen stammen offensichtlich aus Island. Fleisch wird in Hülle und Fülle verkauft, auch Rind- und Schweinefleisch sind dabei und nicht mal teuer.

Trinken

Teuer. Im Restaurant kostete ein "Viking" (sehr gut, besonders das "classic", halbdunkles) meist 1.100 Kronen, das sind €7,70. Alkohol kriegt man nur in einer "Vinbudin" und die liegt immer in einer Seitengasse in einer Stadt. Auf dem Land oder unterwegs muss also für Vorrat gesorgt werden! Alkohol nimmt man am besten von zu Hause mit (80er Stroh-Rum für Wirkungstrinker) oder kauft direkt am Flughafen in Kefalvik im Duty-Free nach der Gepäckausgabe.

Autofahren

Wir fahren natürlich auf der "richtigen" Seite hier, also rechts. Es darf maximal 90km/h auf Überlandstraßen, 80km/h auf ungeteerten Straßen und 50km/h Innerorts gefahren werden. Da die Polizei wie vermutet nicht anzutreffen ist (wir haben 2 Fahrzeuge in Reykjavik gesehen, sonst nie eines) wird auf Überlandstraßen auch schon mal mit 140 geheizt (wir natürlich nicht!).

Heftige Schlaglöcher auf vielen ungeteerten Abschnitten machen "normale" Autos sehr langsam, sie sind dafür nicht gebaut. Alleine deshalb war der Jeep für uns die richtige Wahl, denn dann kann man auch 80 fahren (manch einer erinnert sich hier vielleicht an meine schmerzenden Oberarme?). Wir haben viele "normale" Autos überholt, die fahrbahnbedingt mit maximal 40km/h unterwegs waren.

Tanken

Tankstellen gibt es in ausreichender Zahl an der Ringstraße und auch in abgelegenen Stellen in der Pampa. Es sind immer Automaten und diese lassen sich immer mit Kreditkarte + Code füttern. Die meisten haben einen "Full-Tank"-Knopf, bei anderen wählt man einfach 25.000 Kronen aus und tankt voll. Es wird nur das abgebucht, was getankt wurde. Wir haben meist bei halbem Tank aufgefüllt. Gibt ein Gefühl der Sicherheit (vor Allem bei einem so durstigen Fahrzeug).

Autowäsche

An den meisten Tankstellen gibt es Wasserschläuche mit Bürsten dran, die gratis benützt werden können. Nach Hochlandtouren eine Option, da man selbst kaum noch sauber ins/aus dem Auto kommt.

Personenwäsche

Nie waren unsere Kinder so sauber wie in diesem Urlaub! 85% aller Isländer verfügen über einen Zugang zu einer heißen Quelle. Deshalb sind die Häuser auch USA-mäßig gebaut (Balken mit Pressspanplatten), da ganzjährig vollgas beinahe gratis geheitzt wird (bezahlt wird nach Druck, Verbrauch egal). Und obendrein gibt es deshalb auch fast immer einen Hot-Pot, der zum Baden einlädt. Duschen hat einen eigenartigen Geruch (Schwefel), soll aber seeeeeehr gesund sein!

Wohnen

Ferienhäuser liegen meist abgelegen, dann aber in ganzen Siedlungen außerhalb der Dörfer inmitten der Natur. Wer also Action will, ist hier falsch am Platz. Die Chalets, die wir bei Booking gebucht haben, waren klein aber gemütlich, die Guesthouses hatten immer ein Gemeinschaftsbad und Familienanschluss, das Hotel in Heydalur hatte typisch amerikanische Ausstattung und allen voran waren die Ferienhäuser der Hit, was Ausstattung und Gemütlichkeit angeht!

Urlaub

Was "Urlaub" in "Reiseferien" zu suchen haben, hab ich mich immer auf den USA-Reisen gefragt. In Island ist das einfach anders, langsamer und entschleunigter. Die Erholungsqualität ist alleine wegen der fehlenden Zeitverschiebung und der kurzen Anreisedauer schlussendlich höher bei fast gleichwertigem Erlebnisfaktor.

 

 

 

 

 

 

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